64/52-53
(September 1999)

Will Höhne flehte "Nimm mich mit, Kapitän..."

Der singende Seemann finanzierte als Bademeister sein Studium

von Horst-Dieter Czembor

Sein voller, warmer Bass ist das Markenzeichen von Will Höhne, der mit seinen Liedern Ende der 40er und Anfang der 50er Jahre frischen Wind in die deutsche Schlagerlandschaft bringt.

Will Höhne

Dass sein größter Erfolg "Nimm mich mit, Kapitän, auf die Reise" überhaupt geschrieben wurde, ist reiner Zufall.

Norbert Schultze, musikalischer Vater der "Lili Marleen", hat 1950 das musikalische Lustspiel "Käpt'n Bay Bay" zusammen mit seinem Texter Fritz Grasshoff fertiggestellt. Hauptdarsteller bei der Uraufführung in Hamburg soll Hans Albers sein. Doch der Mime winkt ab: "Zuviel Text zum Auswendiglernen. Und dann noch monatelang jeden Abend auf der Bühne. Nee, danke".

Musikverleger Dr. Hans Sikorski weiß Rat: "Dann nehmen wir eben Will Höhne für den Käpt'n". Zwar sagt dessen Name den beiden Autoren wenig. Doch als sie Will Höhne bei den Proben singen hören, sind beide hellauf begeistert. "In dem Stück muss der Käpt'n eigentlich viel zu wenig singen. Komm, wir schreiben ihm noch ein Lied, das zum Stück und zu der tollen Stimme passt", sind sich Schultze und Grasshoff schnell einig. Wenige Tage später ist das Lied fertig, das die bekannteste Melodie aus "Käpt'n Bay Bay" und der allergrößte Erfolg für Will Höhne werden soll. Und das Hans Albers schließlich auch noch singen wird, in der späteren "Käpt'n Bay-Bay"-Verfilmung...

Von der Sängerkarriere seines Sohnes ahnt Will Höhnes Vater, ein biederer Bauer aus dem Würzburger Raum, am 24. Februar 1909 noch nichts, als Klein-Will seinen ersten Schrei tut. Auch seine Jugend verläuft unauffällig: Nach dem Abitur macht er eine Ausbildung als Kaufmann in der chemischen Industrie und hätte sicherlich als Industriekaufmann Karriere gemacht, wenn ihn nicht eines Tages ein Bariton des Hessischen Landestheaters angesprochen hätte.

Will Höhne 2

Dieser bietet dem jungen Mann mit der tiefen Sprechstimme eine kostenlose Gesangsausbildung an, denn er ist überzeugt, dass hinter einer guten Sprechstimme auch eine gute Gesangsstimme schlummert, die nur geweckt werden muss.

Will willigt ein und bekommt Spaß am Singen. Nach der "Grundausbildung" hängt er den Kaufmannsberuf an den berühmten Nagel und studiert drei Jahre lang an der Musikakademie Darmstadt. Das Geld dafür verdient er sich im Winter als Chauffeur eines Darmstädter Arztes und im Sommer als Schwimmlehrer am Tegernsee.

Nach dem Examen folgen Bühnenengagements als 1. Bass ... und die Verpflichtung zur Truppenbetreuung nach Berlin. Dort ‘betreut' Will aber nicht nur, sondern lässt sich auch entdecken. Von Willi Schäffers für das "Kabarett der Komiker". Als 'fahrender Sänger' ist er mit Unterbrechungen bis zum Kriegsende dem "KaDeKo" treu.

Nach 1945 steht er dort wieder auf der Bühne. Ohne Gitarre und ohne Geld, sich eine zu kaufen, ist er fast eine 'tragische Figur', die die Zuhörer rührt. Gerührt ist auch Operettenkomponist Eduard Künneke, der ihm schließlich eine alte Wandergitarre ... leiht... 1948, Will Höhne hat sich längst wieder eine eigene Gitarre ersungen, erscheint die erste Schellackplatte, bei der "Will Höhne und seine Gitarre" als Interpreten auf dem Etikett stehen. Und noch etwas steht auf dem Etikett: Zwei für die damalige Zeit völlig ungewöhnliche Titel. "Die ungarische Rosczy" und "Der Mann, der vor mir war". Chansons, irgendwo zwischen Volkslied und Ballade angesiedelt. Auf jeden Fall: Neu. Frischen Wind in die Schlagerszene soll er bringen, der Mann mit der Gitarre, der jeden Saal zum Lachen, zum Kochen oder auch zum Weinen bringt, mit seinen ach so traurig-schönen Liedern.

Will Höhne 3

Balladenhaft und moritatenmäßig geht es in Will Höhnes Liedern weiter, bis besagter "Käpt'n Bay Bay" in sein Leben eintritt. Er bringt die Wende. Plötzlich wollen alle von Will Höhne nur noch Seemannslieder hören. Die Produzenten denken ebenso und Will Höhne macht mit. Auch wenn er später gern einmal eine typische Höhne-Ballade auf die Rückseite eines Seemannschlagers 'mogelt'...

1952 zieht Will Höhne mit Ehefrau Eva und Töchterchen Evchen nach Düsseldorf in die Lindemannstraße 92, wo Sohn Christopher geboren wird. Doch sehr lange hält es ihn hier nicht. Als es mit dem Schlagergeschäft nicht mehr so recht läuft, zieht die Familie erneut um.

Im Forsthaus Gravenbruch bei Frankfurt erfüllt sich Will Höhne einen Jugendtraum: Er eröffnet das Restaurant "Im Pferdestall". Unter der Telefonnummer Neu-Isenburg 2297 wartet er geduldig auf Tischreservierungen. Und die kommen in Massen, denn die Gäste wissen, dass dort auch eine Gitarre ist. Und auf der begleitet sich der Sänger mit der tiefen Stimme, wenn er seine alten Balladen singt. Zu vorgerückter Stunde auch seinen heimlichen Hit "Das Wirtshaus an der Lahn", der jahrelang nur unter der Ladentheke verkauft werden durfte und trotzdem beträchtliche Umsätze erzielte...

An seinem 90. Geburtstag stehen die Telefone im Hause Höhne nicht still.