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(Oktober 2002)

Die Karin Prohaska Story

von Andreas Herkendell

Karin Prohaska gehörte mit Peggy March, Drafi Deutscher und Frank Schöbel zu den erfolgreichsten Gesangssolisten des Jahres 1965. Ihre Karriere dauerte nur knapp 5 Jahre. In dieser Zeit lieferte sie einen Hit des Jahres ab und erreichte vordere Plätze bei Schlagerwettbewerben. Danach zog sie sich zurück, ging ins Ausland und keiner wusste, ob sie dort geblieben oder irgendwann nach Deutschland zurückgekehrt war.

Karin Prohaska

Das war der unbefriedigende Stand der Dinge bis vor wenigen Wochen. memory präsentiert hier erstmals Angaben zur Sängerin Karin Prohaska, die in keinem Nachschlagewerk nachzulesen sind.

Geboren wurde sie als Karin Prochazka am 22.9.1945, ging in Chemnitz zur Schule. Dort spielte und sang sie in einer Schülerband. Nach dem Abitur reiste die Band zum Zeltlager in Baade, an der Ostsee. Dort wurde sie von René Dubianski (dem Erfinder des "Lipsi") entdeckt. Kurz darauf bekam sie eine Einladung nach Ost-Berlin zu ersten Studioaufnahmen. Gleich die erste Aufnahme "Bis zur Hochzeit ist alles wieder gut" wurde zum Hit. Mehr noch. Der Titel erreichte Platz 1 der Jahreshitparade 1965 in der DDR und zählt auch heute noch zu den Evergreens in den neuen Bundesländern. "Ich such mir meinen Bräutigam alleine aus" hieß der zweite Schlager, den Karin Prohaska in den Top 10 der Jahresbestenliste 1965 platzieren konnte. Dieser Titel gefiel auch westdeutschen Musikproduzenten und es entstand für die Firma Columbia eine Aufnahme mit der Engländerin Helen Shapiro.

Karin Prohaska war auch mit ihren folgenden Aufnahmen sehr erfolgreich. Sie konnte den Titel "Oft kommt unverhofft" beim Schlagerwettbewerb 1966 vorstellen und erreichte den vierten Platz. Und es kommt sicherlich nicht von ungefähr, dass sie sich in "Oft kommt unverhofft" gegen einen langhaarigen Mann ausspricht. Denn ab Mitte 1965 wurde in der DDR gegen Beat-Musik und gegen Langhaarige vorgegangen. Männer wurden zum Friseur gezwungen, Bands wurden verboten. Das Skandalkonzert der Rolling Stones in der Westberliner Waldbühne war der Auslöser dieser repressiven Welle. Es wurde von offizieller Seite gegen alles anglo-amerikanische gewettert: "Müssen wir denn jeden Dreck der vom Westen kommt, kopieren? Ich denke, Genossen, mit dem Jea Jea Jea und wie das alles heißt, ja, sollte man doch Schluss machen" (O-Ton Walter Ulbricht).

Auch Karin Prohaska hatte zu leiden, denn wegen ihres starken sächsischen Dialektes neigte sie dazu, die Texte gleichsam englisch" darzubieten. Das durfte nicht sein, und daher musste sie erneut Gesangs- und Aussprache-Unterricht nehmen. Und ihr Titel "Ich such mir meinen Bräutigam alleine aus" wurde nur noch selten oder besser gar nicht gespielt. Warum? Nun: es kommt das englische Wort "Boy" darin vor...

1968 erschien die letzte Single mit Karin Prohaska ("Man küsst nur, wenn man liebt") und 1969 stand sie zum letzten Mal im Aufnahmestudio. Die Titel in diesen Jahren gefielen ihr nicht mehr. Außerdem hatte sie den Eindruck, je mehr sie gelernt hatte, desto schlechter wurde sie beim Singen. Sie zog sich zurück.

Es gingen einige Jahre ins Land, und als die Schlagerproduzenten wieder auf Karin Prohaska zugehen wollten, war sie weg. Sie war 1975 mit ihrem Mann, der im Diplomatischen Dienst arbeitete, nach Moskau gegangen. Die Musikszene der DDR vergaß Karin Prohaska und als sie 1979 wieder in ihre Heimat zurückkehrte, sah sie keine Veranlassung, von sich aus auf Komponisten oder Produzenten zuzugehen. Sie wurde Chefsekretärin im Großhandel für Haushaltswaren. Nebenbei schloss sie eine Ausbildung als Handelskauffrau ab. Danach arbeitete sie als Verwaltungsleiterin

Mittlerweile widmet sich Karin Prohaska ganz Haus und Garten.

Nach der Wende sind einige ihrer Schlager auf verschiedenen CD's erschienen. Eine Best-of-CD liegt leider nicht vor.