62/22-25
(Juni 1998)
Seine Witze gehen niemals unter die Gürtellinie:
Rudi Büttner, der Kleine mit der großen Klappe
"Wer den von Statur her nicht sehr großen Rudi sieht, mag lächeln - wer ihn im Licht der Tiefstrahler auf der Bühne hört, der muss lachen. Das ist sein Geheimnis". Mit diesen treffenden Worten wird Rudi Büttner in den späten 50er Jahren in einem Tournee-Programm der Gastspieldirektion Karl Buchmann treffend vorgestellt. "Dem ist nichts hinzuzufügen. Ich bin zwar nur 1,62 Meter groß, aber der liebe Gott hat mir ein Mundwerk für 1,92 Meter gegeben", lacht Rudi Büttner.
Er selbst bezeichnet sich heute als "immer noch gefragtes Auslaufmodell" der Zunft der Conférenciers und Plauderer alter Schule. Am 1. Januar 1998 konnte er bereits sein 45jähriges Bühnenjubiläum als Profi feiern.
Wie alles angefangen hat, wie er auf die Bretter kam, die ihm heute noch die Welt bedeuten, klingt fast wie ein Filmstoff aus den 50er Jahren. Seinem Namen entsprechend, denn "Büttner" hat vom Ursprung her etwas mit "Bütt = Fass" zu tun, beginnt seine Karriere als Büttenredner in der "Bütt". Und zwar bei der Karnevalsgesellschaft "Nürnberger Trichter" 1909 e.V., wo Rudi mit seinen selbstgereimten Reden die Zwerchfelle der Narren strapaziert.
Zunächst nebenberuflich aus reinem Spaß an der Sache, denn eigentlich hatte der witzige Plauderer, der am 2. Mai 1929 im fränkischen Fürth das Licht der Welt erblickte, Landwirt und später Bankkaufmann gelernt. Doch schon während der Schulzeit überrascht Rudi seine Mitschüler mit "Bunten Nachmittagen", die allerdings meist vormittags auf dem Stundenplan stehen...
Er hat sich bereits nebenberuflich als "charmanter Wortführer" durch Modenschauen und Bälle einen Namen gemacht, als seine große Chance kommt: Peter Frankenfeld, damals der wohl bekannteste TV-Plauderer Deutschlands, muss kurzfristig seine Mitwirkung beim Ball des Aeroclubs Naila absagen. Rudi Büttner wird gebeten, in die Bresche zu springen. Mit dem Erfolg, dass niemand den TV-Star vermisst, sondern alle Rudi Büttner zujubelten, der seinen Witz und natürlichen Charme spielen lässt. "Alle waren begeistert, ich natürlich auch, weil ich, das merkte ich auf der Bühne sehr schnell, gar nicht im Schatten von 'Peter, dem Fernsehstar' stand", erinnert sich das "gefragte Auslaufmodell" heute.
Dieser Erfolg ist der eigentliche Anlass, den Bankberuf an den berühmten Nagel zu hängen und den Sprung in die Untiefen des Showgeschäfts zu wagen. Rudi soll es nicht bereuen. Mit seinem natürlichen Witz und viel Fleiß ("Mindestens 90 Prozent meines Erfolges habe ich meinem Fleiß zu verdanken") schafft er den Durchbruch. Sechs Jahre lang conferiert er die Tourneen von Max Greger, ist bei den damals beliebten Schlager-Tourneen mit zahlreichen Stars dabei. "Ich war der Teppichleger für die singenden Stars, die die Leute sehen und vor allem hören wollten", sagt er heute bescheiden.
Auch das Fernsehen will auf seine Popularität nicht verzichten. Das ZDF engagiert ihn für die Sendereihe "Wenn einer eine Reise tut". Auch im Bayerischen Rundfunk ist Rudi Büttner, wenn er nicht gerade auf Tournee ist, oft zu hören: "Feierabend", "Gut aufgelegt" oder "Weiß-blauer Montag" heißen die Sendungen, die er mit Charme und Witz moderiert. Neben seinem Mundwerk beherrscht Rudi Büttner aber auch ein "Handwerk": Er schreibt Schlagertexte. Über 1500 sollen es im Laufe der Zeit werden. Vico Torriani, Jimmy Makulis, die Geschwister Leismann, Maria und Margot Hellwig, Uschi Bauer, Peter Schünemann u.v.a. haben die Büttner-Songs auf Schallplatten und auf der Bühne gesungen.
Dass Rudi Büttner auch selbst "singt", bleibt fast verborgen. Als er 1959 bei Polydor den "angerockten Sprechgesang" 'Ich liebe you' (Text: Kurt Hertha) aufnimmt, ahnt niemand, dass dieser Titel fast vier Jahrzehnte später auf einer Oldie-CD zu neuen Ehren kommen würde. Von der Rückseite "Lachen Sie mal"(Text: Hans Bradtke) spricht heute niemand mehr. War er, der Textschreiber, böse, dass er, der "Sänger", fremde Texte interpretieren musste? "Ach was, das Ganze war ohnehin mehr ein Spaß", lacht Rudi.
Spaß ist es auch, dass er für Decca ins Aufnahmestudio geht und "Babs, Babs, Barbara" sowie "Mit dem Apfel fing es an" ins Mikrophon schmettert (Decca 29 216). "Da wollte man wohl etwas mehr aus Rudi Büttners Stimme herausholen, als in ihr steckt. Zu ihr hätte ein kleineres Begleitorchester wohl eher gepasst. Trotzdem gibt es keinen Anlass, die Aufnahme schlecht zu beurteilen: Man kann schon etwas Freude daran haben. Preis: 4,- DM," schrieb damals ein Kritiker in einer Fachzeitschrift. Und mehr als "etwas Freude vermitteln" wollte Rudi Büttner mit seinen Liedchen auch gar nicht...
Dass Rudi Büttner neben seiner Arbeit noch Zeit hat, sich ein Privatleben leisten zu können, grenzt fast an ein Wunder. Für ihn ein Wunder, und zwar ein ganz wunderbares", ist als er Marianne, die er noch heute zärtlich "Muckel" nennt, kennenlernt. "Das ist heute über 50 Jahre her und wir sind uns immer noch nicht leid", lacht "der Kleine mit der großen Klappe". Es dauert nicht lange, bis beide heiraten, er der kleine, drahtige Conférencier, dessen Erkennungszeichen in dieser Zeit sein Strohhut ist, und sie, die zierliche es, rothaarige junge Frau, die dem Künstler immer die für ihn notwendige Freiheit lässt. Beider Stolz ist bald schon Sohn Fred-Christian, heute ein promovierter Musikwissenschaftler und seit 1997 mit seiner Kollegin Dr. Mariacarla di Giorgi aus Lecce/Apulien verheiratet. "Er ist der Künstler in unserer Familie, ich bin dagegen ein Hand- und Mundwerker", lacht Rudi Büttner.
Dass er sich ab 1970 vom Bühnen-, TV- und Funkmoderator zum "Schiffsscherzkeks" mausern würde, konnte er sich eigentlich niemals vorstellen. Und doch, es ist so: Seit 28 Jahren ist der witzelnde Franke, der heute längst in Bayern wohnt, auf den Weltmeeren zu Hause. Die Karibik kennt er ebenso wie das Mittelmeer, die Ägäis und die Ostsee, denn einmal im Jahr steht "Arbeitsurlaub" auf einem Kreuzfahrtschiff in seinem Terminkalender. Egal ob auf der MS Europa, der Maxim Gorki, auf der TS Delphin oder auf der Arkona, auf allen Schiffsplanken wickelt Rudi Büttner die Passagiere bald um den berühmten kleinen Finger. "Ich gehe bei meinen Auftritten auf die Leute und die Umgebung sowie auf aktuelle Ereignisse ein. Ich mache ein ganz persönliches Programm", sagt er schmunzelnd.
Was er nicht sagt, obwohl er darauf stolz sein sollte, ist der Kontakt zu den Superstars des Showgeschäfts, den er jahrzehntelang hatte. Und um den ihn sicherlich viele seiner Zuhörer auch heute noch beneiden. Er hat nie vergessen, wie er in den 60er Jahren im Deutschen Theater in München seinen "berühmten Teppich" für Caterina Valente, Freddy Quinn, Udo Jürgens, Zarah Leander, Luis Trenker, Harry Belafonte, die Kessler-Zwillinge und viele, viele andere ausbreitete...
Ehefrau Marianne reiste nur einmal bei einem Schiffsauftritt mit. Seekrankheit machte ihr dabei so schwer zu schaffen, dass sie auf weitere Fahrten liebend gern verzichtete. Zumal sie weiß, dass für Ehemann Rudi jede Schiffsreise im Heimathafen bei ihr in Vaterstetten bei München endet...
Vor fünf Jahren wurde dem kleinen mit der großen Klappe" eine besondere Ehre zuteil: Er bekam eine Goldene Schallplatte aus Anlass seines 40jährigen Bühnenjubiläums. Und anlässlich der zahlreichen Texte, die er im Laufe der Jahre geschrieben hat und noch schreibt. Der volkstümliche Hit "Links, rechts, vor, zurück", mit dem die 3 lustigen Moosacher Riesenerfolg hatten, ist ihm während einer langen Autofahrt eingefallen.
Heute gönnt sich Rudi Büttner, der es bedauert, dass es keinen Nachwuchs in der Conférencier-Branche gibt, die Zeit, zu Stadtfesten im heimischen Fürth am "Dutzendteich" zu gehen. Und unerkannt bei "Links, rechts, vor, zurück" mitzuschunkeln...
Trotzdem genießt er auch heute noch jeden Auftritt. Denn er liebt immer noch den Applaus. "Damit kann ich meinem Körper etwas bieten, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen", sagt er...
69/48-53
(August 2004)
Seit über 50 Jahren auf der Bühne:
Rudi Büttner
Sag mir, wo die Conférenciers sind. Wo sind sie geblieben? Diese Frage scheint berechtigt, denn obwohl es heute Moderatoren und Entertainer in großer Zahl gibt, beherrscht eigentlich nur noch einer die klassische Conference: Rudi Büttner.
In den 50er & 60er Jahren hatte dieser Berufsstand Hochkonjunktur. Ob Schlager-Tournee oder bunter Abend, ob Firmenjubiläum oder Betriebsfest - immer brauchte man jemanden, der die großen und kleinen Stars mit den passenden Worten ankündigte, um ihnen damit den optimalen Rahmen für ihre Auftritte zu verschaffen. Zuständig dafür war der Conférencier. Einige nannten ihn Ansager, doch diese Bezeichnung war nicht so ganz zutreffend, denn seine weitere Aufgabe bestand darin, das Publikum zwischen den einzelnen Darbietungen mit humorvollen und charmanten Plaudereien gut zu unterhalten und so für die richtige Stimmung zu sorgen.
Rudi Büttner, dessen Karriere damit begann, dass er bei einer Veranstaltung für den schon damals großen Peter Frankenfeld einspringen durfte, war eigentlich von Anfang an ein Meister seines Fachs, denn er wusste genau, worauf es ankam. Liebenswürdig und unaufdringlich servierte er geschliffene Pointen und verzichtete konsequent auf Zoten und schlüpfrige Zweideutigkeiten. Er hatte die Lacher auch so auf seiner Seite.
Im Lauf der Zeit entwickelte er sich zu einem der vielseitigsten Künstler seiner Zunft. Bereits Ende der 50er Jahre begann er damit, sich als Textdichter zu betätigen und schrieb für bekannte Stars wie Maureen Renee, Jimmy Makulis, Vico Torriani, das Medium-Terzett, Fred Bertelmann - um nur mal ein paar Namen zu nennen. Auch heute noch singen viele Interpreten - inzwischen überwiegend aus dem Bereich der volkstümlichen Musik - Texte, die aus seiner Feder stammen. Anfang der 60er Jahre war er übrigens selbst mal als Sänger aktiv und nahm für Decca und Polydor einige Singles auf. "Das Ganze war aber mehr ein Spaß", meint er rückblickend mit verschmitztem Lächeln.
Später machte er sich als Funk- und Fernsehmoderator einen Namen und konnte damit seine Popularität erheblich steigern.
Aber auch als Buch-Autor war er erfolgreich und noch heute veröffentlicht er Beiträge in verschiedenen Zeitschriften und Magazinen.
Zu Rudi Büttners 50-jährigem Bühnenjubiläum gab es natürlich zahlreiche Glückwünsche, doch zum Feiern kam er nicht. "Dafür lässt mir der Show-Alltag überhaupt keine Zeit", meint der sympathische Plauderer.
In der Tat ist er immer noch als "Fachmann der guten Laune" ständig unterwegs. Nicht nur in Kurhäusern, Ballsälen und Festzelten, sondern in letzter Zeit immer häufiger als Schiffsentertainer auf Luxus-Linern.
Rudi Büttner liebt das Publikum und den Applaus und deshalb wird er auch weiterhin im Dienst der leichten (und manchmal doch so schweren) Muse auf der Bühne stehen.
Mit seiner Frau Marianne ist er seit 1957 verheiratet. Sohn Fred ist Privatdozent am Institut für Musikwissenschaft der Universität München.
Für die MEMORY-Leser unternahm Rudi Büttner nach 50 Jahren Showkarriere einen kleinen Trip in die Vergangenheit. Zurück in jene Zeit, als es noch die großen Schlager-Tourneen gab. Damals stand er mit allen mehr oder weniger bekannten Interpreten auf der Bühne und reiste mit ihnen im Bus von Auftritt zu Auftritt.
Hier sind seine Erinnerungen:
Als wir auf Fröhlichkeitsreise waren, da hieß es immer bei uns: "TOURNEE IST, WENN MAN TROTZDEM LACHT!" Ich hab' das natürlich für die Bühne umgetextet und da hieß es dann: "Humor ist, wenn man trotzdem lacht und Lachen das macht schön. Ich hab' im Leben viel gelacht, na, ja, dann kann ich geh'n!"
Wir hatten ein Mikrofon, die sogenannte "Flaschen-Stange", es war das TELEFUNKEN U47. Über dieses eine Mikrofon, man stelle sich das heutzutage vor, erreichten 13 Musikanten, alle Sänger, der Conférencier und selbst Bandleader MAX, der GREGER, das Publikum! Das führte natürlich leider auch oft zu Zuschauer-Beschwerden: "Es ist viel zu laut!" Soll ja heute auch nicht selten sein! Damals, wie heute auch, wurden die zahlenden Gäste liebevoll beschwichtigt: "Das wird sofort geändert!" Man ging zum Verstärker, drehte am falschen Knöpfchen und sagte: "So, jetzt ist es besser!" Der Gast war zufrieden und meinte: "Na bitte, es geht ja, wenn man will." Er merkte überhaupt nicht, dass wir gar nichts verändert hatten.
Die Lautstärke traf meistens die vorderen Reihen. Wir hatten ja nur 2 Boxen neben der Bühne - heute sind es ganze Elektrizitätswerke - was den Veranstalter damals zu der Bemerkung hinriss: "Mein Gott, die Leute sind selbst schuld! Warum kaufen sie sich die teuersten Karten?" Von der Lautstärke zu den leisen Liedern. Gerhard Wendland gehörte zu den Meistern, die auch die zarten Töne beherrschten. Einer seiner großen Erfolge war das Lied "Schläfst Du schon, mein Liebling, schläfst Du schon?" Einmal "schmalzte" er sein Lied ins Publikum, hauchte zärtlich: "Schläfst Du schon?" Rief einer aus dem Saal es war in Berlin und vielleicht war es der genervte Ehemann eines weiblichen Wendland-Fans - ins zärtlichste "Schläfst Du schon?" "BEI DIR IMMA!" Berliner Witz! Wir waren ja ständig unterwegs und im Bus führte jeder so sein Eigenleben. Die Sängerin Michaela Prunerova, eine fesche, resche, mit allen weiblichen Reizen ausgestattete Pragerin, hatte ihren Spaß mit den geneigten "Musi-küssen" und meinte dann im schönsten deutsch-tschechischem Akzent: "Äs isst nicht wägen der Liebe, äs isst wägen des scheene Gefiehl!"
Roy Etzel konnte stundenlang "fachsimpeln", Freddy Brock, der clowneske Trompeter, ebenso lang herumalbern. Viele erholten sich im sogenannten "Transport-Schlaf", ihr "Traum-Nachhol-Bedarf" war nach langen Karten- und anderen spielreichen Nächten enorm und so mancher Nachtportier musste im Auftrag seiner "normalen" Gäste in gewissen Zimmern um etwas Ruhe, -"Andere Leute müssen morgen wieder arbeiten!" - dringend bitten. Als ob wir nicht gearbeitet hätten! An zwei verschiedenen Spielorten, sonntags manchmal sogar an dreien, hatten wir - und das meistens mit Erfolg - gute Laune und Fröhlichkeit zu spenden.
Gut, wir wurden auch oft nach den Veranstaltungen eingeladen. Ich erinnere mich, einmal kam ein "Nachtcafe-Besitzer" zu mir und meinte lächelnd: "Dürfen wir Sie, das Orchester und die Stars, heute nach der Show in unser Lokal herzlich einladen!" Die Musiker freuten sich genau wie ihr Boss, waren auch begeistert. Es wurde gegessen und getrunken, was die Speisekarte hergab. Das Lokal war übervoll und unsere Brieftaschen anschließend leer, denn was wir nicht ahnen konnten: Die Einladung bezog sich nur aufs Kommen, nicht auf die lukullischen Köstlichkeiten. Der Haken war nur, der Gastwirt hatte überall unser Kommen bekannt gegeben, die Fans strömten und wir waren wieder um eine Reise-Erfahrung reicher: Nicht jede Einladung ist ein Festival der kostenlosen Gaumen-Freuden! Und die lieben die Künstler und ihre Musikanten sagen nun einmal gerne: "PROST! WENN'S NIX KOST!"
Eine der schönsten Einladungen, die ich in der Tourneezeit erlebte, war die von Peter Alexander: Wir waren 6 Wochen lang quer durch "Schlager-Germany" gereist und Peter war ein exzellenter Entertainer, jeden Abend gleich gut, in jeder Schau prächtig aufgelegt, aber auch nach jeder Schau (fast) spurlos verschwunden. Bis auf den letzten Tag in Bad Kreuznach. Da kam Peters Sternstunde. Er hat alle Mitwirkenden, vom Busfahrer bis zum Reiseorganisator, von Maureen Renée, der damaligen großartigen Greger-Sängerin, bis zum PvD (Plauderer vom Dienst), wirklich alle - und es waren nicht wenige - auf seine Kosten eingeladen. Es gab viel zu essen, noch mehr zu trinken und es gab eine unglaublich phänomenale Privatunterhaltung vom hinreißenden Alexander: Witze, ob böhmisch, jiddisch oder parodistisch. Die Alexander-Einladung war unvergesslich! Aber auch die von Freddy Quinn, oder die von Angele Durand. Es waren alles blendende Gastgeber und der Beweis dafür, große Stars sind oft sehr bescheiden und nicht immer sitzen sie auf dem sogenannten hohen Ross.
Und sie kämpften um ihr Publikum! Peter Kraus, Ted Herold, Drafi Deutscher, Roy Black, Rex Gildo - so unterschiedlich sie in ihrer Kunst auch waren, so einig waren sie sich, wenn es darum ging, das Publikum für sich zu gewinnen. Meistens waren wir in ausverkauften Hallen mit über tausend Leuten. Im Berliner Sportpalast hörte ich einmal je die Hälfte der 8000 Zuschauer schreien, eine Viertelstunde vor Beginn der Schau: "KRAUS RAUS! KRAUS RAUS!", während die andere korrespondierte mit: "HEEROLD, HEE-ROLD!" Ein Glück, dass wir solche Begeisterungsstürme ohne Krawalle erlebten, Dank dem Gefühl von Max, der immer genau im richtigen Moment das Richtige zu spielen wusste. "Feeling" war das Zauberwort, das man heute so oft vermissen muss. Bei den Witzen genauso wie bei den Texten. Wörter wie "geil", "scheißegal" "A...F..." undsoweiter (und für mich nicht undsoheiter!), waren einfach undenkbar. Ansagen "unter der Gürtellinie" nicht erwünscht, nicht machbar. Und trotzdem hatten wir Erfolg. Manchmal hat man das Gefühl, nicht nur die Zeit vergeht, auch ihre Moral! Und Dinge, die auf diesen Reisen entstanden sind, wie z.B. Zuschauer, die auf dem Balkon saßen, begrüßte man "im Gepäcknetz", die Reihen im hinteren Bereich des Saales waren die "Schlafwagenabteilung". Oder es hieß: "Wenn Sie kein Glas haben, dann bitten Sie ihren Nachbarn, seines nehmen zu dürfen! Aber höflich!" Oder man "drohte": "Wenn Sie nicht mitmachen, müssen Sie morgen ins Seniorenheim!"
Alles geflügelte Worte geworden, so wie der Satz: "Sie glauben nicht, was der Mensch verträgt, wenn er eingeladen ist!" In gewissen Veranstaltungen auch heute noch ein großer Lacher! Humor und Witz von damals immer noch aktuell. Kein Wunder, es hat ja auch ein Generationswechsel stattgefunden. Damals gab es natürlich noch das FAMILIEN-Publikum, Jung und Alt in Musik mit Herz vereint.
Udo Jürgens verdiente sich seine ersten Gagen, manchmal sogar im Duett mit Frank Forster. Udo machte eine große internationale Karriere und aus dem exzellenten Sänger Frank Forster - der das sicher auch verdient hätte - wurde nicht nur dank seiner Beziehungen, nein auch wegen seines künstlerischen Talents, ein vielbeachteter Maler. Seine Vernissagen in München gestaltete der Bild-Künstler immer mit feinen "Jazz-Klängen". Die Tonkünstler hatten eben auch noch manche anderen Talente! Vittorio Casagrande zum Beispiel ist auch ein gefragter Maler, Michael Holm ein phantasievoller Textdichter, Bibi Johns ebenfalls eine bemerkenswerte Malerin, wie auch der lachende Vagabund Fred Bertelmann. Walter Leykauf, einst ein Nilsen-Brother, jetzt unter dem Pseudonym "Patrizius" erfolgreich, ist ein gefragter Hitschreiber. Wenn einen die Muse herzhaft küsst, dann eben richtig.
Vico Torriani wurde, genau wie Lou van Burg, der singende, moderierende Quizmaster. Oder auch der quizmasternde, moderierende Sänger. Fred Bertelmann übrigens, ebenso wie die Bilderbuch-Bajuwarin Maria Hellwig, wurde durch Empfehlungen bei dem seinerzeitigen Veranstalterkönig Karl Buchmann aufs berühmte "Schlager-Pferd" gesetzt, "reiten" konnten sie dann selbst. Mit allergrößtem Erfolg. Aber alle Stars aus der großen Zeit der "Bunten Abende" wissen auch heute noch: Ohne das klein bisschen Glück geht gar nichts! Und zur passenden Zeit dem passenden Mann im richtigen Moment die Hand zu drücken, war schon ein kleiner Druck, um die Karriereleiter empor zu klettern.
Mary Roos hatte auch Glück, sie war die hochbegabte "Kleine Rosemarie", in den 60er Jahren mit "Frau Schwab", ihrer Mama, unterwegs und immer hatten die beiden, der Publikumsliebling "Die kleine Rosemarie" und ihre "Aufpasserin" etwas vergessen: Mal den Pass, mal den Koffer - aber ihr Herz hatten sie immer dabei!
Oder der kleine Peterli Hinnen, ein großartiger Jodel-Akrobat aus der kleinen Schweiz, die den "Song-Germanisten" überhaupt viele blendende Kollegen geschenkt hat: Die Blue-Bayou-Lady Paola (del Medici) und ihren späteren standesamtlich zugelassenen ständigen Begleiter Kurt Felix, die Kriminaltango-Spezialisten um Hazy Osterwald, die "Oh mein Papa-Feuerwerk"-Sängerin Lys Assia, das herrlich komische Trio Eugster und viele andere mehr!
Das deutsche Schlagergeschäft war vor Jahren schon globalisiert. Da kam der Grieche Jimmy Makulis, der die Hausfrauen-Herzen im Sturm eroberte, lange bevor Costa Cordalis seinen "Pan-Charme" in die Schlager-Waagschale warf. Da wurden die dänischen Lausbuben Jan & Kjeld die begeistert gefeierten "Banjo-Boys" und Smarty-Boy Laurie London aus Großbritannien hatte die ganze deutsche Schlagerwelt in seiner Hand. Bill Ramsey ließ die Mimi nie ohne Krimi ins Bett gehen, Gus Backus hatte seine vielbelachten "Bohnen in die Ohr'n" und der Wiener Willy Hagara brachte das Publikum mit Mandolinen und Mondschein zum Träumen.
Und alle hatten etwas gemeinsames: Sie freuten sich, wenn Rudi Büttner sie auf der Bühne, ob bei der Greger'schen "Schlager-Illustrierten" oder dem "Greger-Schlager-Express" oder bei einer Gala ansagte.
"Du bist der beste "Teppichleger" für uns", freute sich damals Roy Black. Tommy Kent bestätigte das und Rex Gildo drückte ein Begeisterungs-Bussi auf Rudis zart errötende Wange. Und trifft man sich heute, gipfelt fast jedes Treffen in dem Satz und der Frage: Weißt Du noch?" Zumindest bei denen, die noch nicht in den Musen-Himmel einziehen mussten, wie auch die legendären ",3 Travellers", der die Sorgen in ein Gläschen Wein schüttende Willy Schneider, die bezaubernde Mona Baptiste und der Brautsucher ("Hab'n se nich, hab´n se nich ...") Bully Buhlan.
So viele, die es wert sind, dass man sich an sie erinnert.
Und alle, ob die überwältigende Caterina Valente oder der "Michaela"-Fan Bata Illic kennen und wissen, was Jean Paul einmal gesagt hat und was Rudi Büttner gerne im Original zitiert: "ERINNERUNGEN SIND DAS EINZIGE PARADIES, AUS DEM WIR NICHT GETRIEBEN WERDEN!"
Mehr über Rudi Büttner und seinen künstlerischen Werdegang ist nachzulesen in der MEMORY-Ausgabe Nr. 62.
Anlässlich seines Bühnenjubiläums erschien bei Bogner-Records die CD "50 Jahre Show mit Rudi Büttner". Darauf sind beliebte Interpreten (u.a. Die 3 lustigen Moosacher, Sepp Viellechner, Uschi Bauer, Maria Hellwig) mit Liedern zu hören, zu denen Rudi Büttner die Texte schrieb.