69/80-82
(August 2004)
Oliver Hardt
Konkurs nach Charts-Erfolg
Sieben Singles, eine Charts-Notierung und ein Konkurs. So lässt sich die Karriere des Oliver Hardt in drei Worten zusammenfassen. 1965 schaffte seine erste Single "Endlich allein" den Einzug in die Charts. Den größten Verkaufserfolg verzeichnete er jedoch mit der deutschen Fassung von "Durham Town". Hardt produzierte außerdem zwei Singles unter den Pseudonymen "Alf Newman" und "Old Smugglers".
Oliver Hardt ist den meisten als Interpret von den Samplern "Elvis auf Deutsch" ein Begriff. Immerhin hat er mit "Judy" und "Und mit Blumen im Haar" zwei Elvis-Titel auf Deutsch nachgezogen. Dennoch handelt es sich bei Hardt um einen jener Künstler, deren Spuren für die Musikhistoriker fast verwischt sind. Es finden sich weder in Zeitschriften noch in Nachschlagewerken brauchbare Hinweise auf ihn. Erst das Internet brachte mich nach Jahren erfolgloser Suche auf die Spur des Sängers. Anfangs 2002 gab er für den Sender Radio Munot ein kurzes Interview, in dem er nicht nur Auskunft gab über seine Karriere, sondern auch seine zwei Pseudonyme aufdeckte.
Oliver Hardt wurde am 29.9.1942 in Königsberg als Wolfgang Neumann geboren. Aufgewachsen ist er jedoch in Bochum. Hier schloss er eine Lehre als Automechaniker ab. Bereits in der Schule hatte er Songs von Elvis und später von Ted Herold und Peter Kraus zum Besten gegeben. Nach der Lehre zog er nach Wiesbaden, wo er für die amerikanische Armee arbeitete. Bei einem Nachwuchswettbewerb von Radio Luxemburg entdeckte ihn der Produzent Reinhard Streit, der ihn für sein Label "Golden 12" unter Vertrag nahm. Die Nummer "Endlich allein", die deutsche Fassung des Cliff Richard-Hits "Travellin' Light" schaffte auf Anhieb den Sprung in die Hitparade. Es folgten Fernseh- und Diskothekenauftritte. Der Nachzieher "Kannst du nicht warten" floppte. Streit holte Hardt im gleichen Jahr ein letztes Mal ins Studio. Er ließ ihn die Rülps-Juxscheibe "It's a Gas" aufnehmen. Die Single erschien unter dem Pseudonym "Alf Newman".
Ab 1968 stand Hardt bei Telefunken unter Vertrag, wo ihn erst Werner Müller und später Hans Podehl produzierte. Podehl war es, der Hardt ein zweites Pseudonym verpasste. 1970 setzte er ihn für die Nummer "Wumba Wumba" ein, die bei Bellaphon unter dem Namen "Old Smugglers" erschien. Mit der offiziellen Podehl-Produktion "Durham Town" schaffte Hardt 1970 fast den Schritt zum Entertainer für Erwachsene. Die Single verkaufte sich rund 30.000-mal und verhalf ihm auch zu seinem letzten Fernsehauftritt. Dank diesem Erfolg holte ihn Heinz Gietz 1971 zur EMI. "Sugar Lips" war jedoch wieder für ein jüngeres Publikum gedacht, weshalb Hardts Jahrgang auf der offiziellen Biographie um drei Jahre nach oben verschoben wurde, was aber den Erfolg nicht anhob.
Danach beendete Oliver Hardt seine Karriere als Sänger. "Ich hab' das Singen immer nebenher betrieben. Als ich merkte, dass da kaum mehr was ging, wollte ich mich auf meinen Beruf im Verlagswesen konzentrieren", sagte er im Interview mit Radio Munot. Hardt produzierte Hörspielkassetten für Kinder. Außerdem kaufte er italienische Comic-Serien ein, die er für den deutschen Markt synchronisierte. Dazu zählte etwa die Serie "Calimero". Schließlich versuchte er sich als Verleger und warf ein Comic-Heft in Millionenauflage auf den Markt. "Davon kamen 990.000 wieder zurück als unverkauft. Das hat mir finanziell den Hals gebrochen", schilderte Hardt im erwähnten Interview den Tiefpunkt seines Lebens. Seit 1994 tritt er im Raum Wiesbaden mit einem Oldie-Programm wieder auf. Im Jahr 2002 ist gar eine CD mit einem Ausschnitt aus dem Liveprogramm erschienen. "Ich habe mit meinen alten Elvis-Songs viel Erfolg und mache damit den Leuten und mir eine Freude", fasst Hardt sein heutiges Leben als Frührentner zusammen. Oliver Hardt wurde Mitte der 60er Jahre mit einem Elvis- und einem Cliff Richard-Titel ins Rennen geschickt. Dieser Sound, aber auch das Erscheinungsbild des Rock'n'Rollers, waren zu jenem Zeitpunkt gelinde gesagt überholt. Die Gunst der Jugend galt nicht gelackten deutsch singenden Teddies, sondern den wilden, langmähnigen Typen der Beatbands, die englische Texte interpretierten.
Natürlich hatten kurz zuvor in Deutschland mit Manuela und Drafi Deutscher zwei Teenager wider den Trend den Durchbruch geschafft. Deren Hits verstellten verschiedenen Produzenten den Blick auf die Realitäten. Sie wollten diese Erfolge kopieren und übersahen dabei, dass Drafi und Manuela live mit gemeinsam einer Beatband auftraten. Verschiedene Produzenten warfen verstaubte Sounds auf den Markt, die von unbedarften Jugendlichen interpretiert wurden. Zu ihnen zählt ohne Zweifel Oliver Hardt, ein anderes Beispiel ist Buddy Caine.
Der Einzelinterpret im herkömmlichen Sinne, der die Zielgruppe Teenager ansprechen sollte, war 1965 ein Auslaufmodell. Der kleine Anfangserfolg von Oliver Hardt mochte diese Entwicklung übertünchen. In der Folge zeigte sich, dass in Deutschland Nachwuchskünstler mit Fokus Rock- oder Teenagermarkt auf dem Plattenmarkt kaum Chancen hatten. Künstler, die ein erwachsenes Publikum ansprachen, damals etwa Freddy oder Peter Alexander und vor allem Heintje, verzeichneten nach wie vor hohe Verkäufe. Oliver Hardt verkaufte alles in allem rund 50.000 Singles, davon ging allein "Durham Town" rund 30.000-mal über die Ladentische. Seine Platten verfehlten die Erwartungen klar. Der Entscheid aus einer falsch angeleierten Plattenkarriere kam 1972 reichlich spät.
Der Oliver Hardt der 60er und 70er Jahre hat nichts mit dem Sänger Oliver Hardt zu tun, der ab den 90er Jahren Plattenaufnahmen gemacht hat. Dieser heißt mit bürgerlichem Namen Carsten Bohne und ist am 22. März 1964 in Wuppertal geboren.