65/6-12
(Februar 2000)
Werner Hass:
Weihnachtskind mit Hits in Ost und West
Werner Hass hat als Swing- und Boogie-Sänger in der ehemaligen DDR Erfolg gehabt. Nach 1958 setzte er seine Karriere in Westdeutschland fort. Sein größter Hit hieß "Dr. Macky Mixmakers Wundersaft". Hass nahm für Baccarola Platten unter den Pseudonymen Pat Hardy und Bob Gerry auf.
An Weihnachten 1927 erblickte Werner Hass in Danzig das Licht der Welt. Die Familie flüchtete vor Ende des Krieges nach Dänemark. Dort bestritt Werner Hass mit seiner Schwester Ilse (*1923) bunte Abende. Was als Spielerei begonnen hatte, entwickelte sich zu einer regelmäßigen Beschäftigung. Die Verwaltung des Flüchtlingslagers schickte das Duo zu Auftritten in anderen Lagern. Als die Familie 1947 nach Berlin zog, machte das Geschwisterpaar die Musik zum Beruf. Ilse und Werner Hass tourten mit ihrem Programm durch die Dörfer von Brandenburg und Mecklenburg. Ilse Hass zog sich später aus dem Schaugeschäft zurück und ging zur Bundespost. Hass trat im Lokal seines Onkels in Kabarettaufführungen auf. Er wirkte als "supporting act" bei der Tour des Komikers Carl Napp mit, die 14 Tage dauern sollte, woraus schließlich anderthalb Jahre wurden. Anfangs der 50er Jahre entdeckte der Orchesterleiter Kurt Henkels das Duo. Henkels verpflichtete Hass als Sänger für sein Orchester und machte mit ihm ab 1953 Rundfunkaufnahmen. Er setzte Hass als Interpret für Swing und Boogie-Woogie-Nummern ein.
Hass nahm mit Henkels zum Beispiel die deutsche Fassung von "Shake, Rattle And Roll" als "Sim Sim Salabim" auf. Als größten Hit im Osten bezeichnete Hass in einem Interview mit dem Schweizer Sender "Radio Munot" in Schaffhausen die Nummer "Heute spielt der Willy".
1958: Boykott im Osten
1958 erhielt Hass Auftrittsverbot im Osten. Das Konto wurde gesperrt und seine Titel durften im Funk nicht mehr gespielt werden. Hass sagte in dem angesprochenen Interview, er wisse heute noch nicht, weshalb er so plötzlich boykottiert worden sei. "Ich musste damals in den Westen gehen, um zu überleben und drüben nochmals neu anfangen", erinnert sich Hass an jene Zeit. Er bewarb sich bei verschiedenen Plattenfirmen und Konzertagenturen. Erste Aufnahmen entstanden 1958 unter der Produktion von Sigrid Volkmann für die Telefunken in Berlin. Es handelt sich um "Wenn der Wind weht", das er mit Mitgliedern des RIAS-Kammerchors, die als "die Vagabunden" firmierten, einsang. Im Herbst 1958 war Werner Hass mit der deutschen Aufnahme von "Witch Doctor" zum ersten Mal in den westdeutschen Charts verzeichnet. Seine Nummer "Oh-Eh-Oh-Ah-Ah" blieb zwölf Wochen in der Hitparade und stieg bis auf Platz 17 im Oktober 1958.
Coverversionen als Pat Hardy und Bob Gerry
Diesen Erfolg konnte Hass nicht so schnell wiederholen. Die nachfolgenden Soloscheiben erreichten die Charts nicht mehr. Einzig das Duett "Too Hoop" mit Teddy Palmer schaffte im Jahr 1959 wieder den Einzug in die Hitlisten. Der Vertrag mit der Telefunken lief 1959 aus. Um im Plattengeschäft zu bleiben und um Geld zu verdienen, sang Hass ab 1960 für das Billig-Label "Baccarola" unter den Namen Bob Gerry und Pat Hardy Coverversionen von erfolgreichen Schlagern ein. Darunter sind Covers von "Marina", "Sauerkraut Polka", "Der Mann im Mond", "Geld wie Heu" oder "Wumba Tumba Schokoladeneisverkäufer".
Hit mit "Mixmakers Wundersaft"
Ab 1961 war Hass bei Metronome unter Vertrag. Auch hier spielte er - wie vorher für Telefunken - die Titel mit Mitgliedern des RIAS-Tanz-Orchesters ein. Entstanden sind im Zeitraum 1961-62 drei Singles. Eine letzte Produktion realisierte Werner Hass 1963 für die Ariola. Danach zog er sich vom Plattengeschäft zurück.
Hass hatte in den frühen 60er Jahren begonnen mit Hans Rosenthal zu arbeiten. Er sang in dessen Shows mit. Über Rosenthal fand Hass Anschluss an die Berliner Kabarett-Szene. So spielte er in zwei Programmen von Günther Neumanns Insulanern mit. Mit dieser Truppe machte er auch TV-Aufnahmen. Besonders in Erinnerung ist ihm eine gesungene Fassung von Goethes Faust geblieben, in der er den Faust und Rita Paul das Gretchen spielte.
1973 übernahm Werner Hass eine Funktion im Berliner Senat. Er wurde Verantwortlicher für die Künstlerbetreuung des Berliner Senats. Das heißt, Hass stellte Unterhaltungsprogramme mit Berliner Künstlern zusammen, die er dann in den Quartieren Berlins auf Tournee schickte. Anfangs der 90er Jahre ging Hass in Pension. Seither lebt er abwechselnd in Berlin und Florida.