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(Oktober 2002)
Heinz Lips
Die Fama vom singenden Fernfahrer
Heinz Lips ist in die deutsche Musikgeschichte eingegangen als "singender Fernfahrer". Zwei Titel machten Lips Ende der 50er Jahre bekannt: "Iren" und "Raunchy". Heinz Lips lebt heute als Rentner in Baumholder.
Die Geschichte vom singenden Fernfahrer tönt gut. Nur: Sie entspricht sehr entfernt der Realität. In Tat und Wahrheit ist Heinz Lips nämlich studierter Musiker. Doch erzählen wir die Geschichte der Reihe nach.
Heinz Lips (*15. Januar 1931) kam in Schwerte zur Welt, wo er auch seine Jugendjahre verbracht hat. Mit sechs Jahren erhielt er zu Weihnachten ein Akkordeon, auf dem er bald ohne Unterricht zu spielen wusste. Mit zehn Jahren nahm er Klavierunterricht. Als 14-Jähriger wurde er im Konservatorium von Dortmund in die Berufsklasse aufgenommen. Nebenbei spielte er in einer Studenten-Big Band. Nach Beendigung des Studiums wirkte Lips in verschiedenen Orchestern mit. Seine Tätigkeit als Musiker unterbrach er zu Beginn der 50er Jahre, als er in Wuppertal geheiratet hatte. "Die Alternative hieß damals: Hörst du mit der Musik auf, oder lässt du die Ehe kaputtgehen", sagte Lips in einem Interview mit dem Schweizer Sender Radio Munot in Schaffhausen. Lips heuerte in dieser Phase als Fahrer für einen Kesselzug an. Nach rund anderthalb Jahren zog es ihn zurück zur Musik. Bei einem Gastspiel 1956 in der "Stadtschenke" in Dortmund hörte ihn René Carol singen. Carol stellte Lips dem Produzenten Kurt Feltz vor. Dieser war begeistert von Lips Stimme. 1957 spielte Feltz mit Lips die Nummer "Iren" ein. Bei den Aufnahmen wirkte auch das Lucas Trio mit, zu dem in jener Zeit laut Lips auch Ralf Paulsen gehörte.
"Iren" entwickelte sich zu einem Hit und ermöglichte Heinz Lips eine Karriere als Solist. Die Promotionsleute wollten nach dem Anfangserfolg des Neulings dem Publikum eine heiße Story servieren. Sie griffen die Episode aus dem Leben von Lips auf, als er eine Zeit lang als LKW-Fahrer sein Geld verdiente. Daraus machten sie die Geschichte vom "singenden Fernfahrer", die sich bis heute hartnäckig gehalten hat. Lips nahm in der Folge für Polydor noch drei weitere Singles Diskographie auf. Keine konnte an den Erfolg von "Iren" anschließen. Wenn auch Lips im Interview Singles mit Radio Munot sagte, "Raunchy" habe in der Hitparade von Radio Luxemburg den zweiten Platz belegt, so erreichte sie in den Verkäufen doch nicht die Zahlen von "Iren". Lips berichtete weiter, bei seinen Aufnahmen hätten jeweils das "Sunshine Quartett", das "Lucas Trio", die "7 Raben" oder das "Comedien Quartett" die Harmonien gesungen.
Die letzte Single "Lass Deine Tür weit offen" erschien 1960. Kurze Zeit später verunfallte Lips auf der Heimfahrt von einem Auftritt in Holland. Er wurde dabei schwer verletzt und musste 21 Monate im Krankenhaus liegen. Danach war an eine Fortsetzung der Karriere nicht mehr zu denken. Der Vertrag mit der Polydor war ausgelaufen, und Ralf Paulsen hatte bei Polydor als Sänger mit der tiefen Stimme den Platz von Heinz Lips eingenommen. Lips kehrte ins Orchestergeschäft zurück. Er gründete die Formation "Hank Lips and the Highlights". Mit dieser Formation war er bis 1971 vor allem in amerikanischen Klubs auf der ganzen Welt unterwegs. 1971 lernte er seine zweite Frau, eine Amerikanerin, kennen, mit der er noch heute verheiratet ist. Mit ihr ließ er sich in Baumholder nieder. Ab 1973 arbeitete Lips bei der amerikanischen Armee als "Quality Control Inspector". Daneben war er als Alleinunterhalter tätig. 1996 ging Lips in Pension. Seither hat er auch die Tätigkeit als Musiker aufgegeben. Lips genießt in Baumholder sein Leben als Rentner und hat sich in der Zwischenzeit ein Heimstudio aufgebaut.