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(Februar 2000)

Auch ohne Plattenhit ein Star: Lill Lindfors

Die Schwedin, die aus Finnland kam

von Walter Hilbrecht

Obwohl sie in Helsinki, der Haupstadt Finnlands, geboren wurde (12.05.1940), gilt sie als Schwedin, denn aufgewachsen ist sie in Stockholm.

Lill Lindfors

Dass sie Show-Talent besitzt und singen kann, stellt sich schon heraus, als sie noch zu Schule geht, doch es bleibt zunächst weitgehend unbeachtet. Erst als sie später bei Studentenfeten und Tanzveranstaltungen auftritt, wird man darauf aufmerksam.

Angespornt durch die positiven Reaktionen entschließt sie sich, etwas aus ihrer Begabung zu machen und tingelt bald durch die schwedischen Vergnügungsparks.

Dort entdeckt sie Ake Falck, ein bekannter Fernsehmann. Er engagiert sie vom Fleck weg für die Showserie "Kaskad", die 1962 die 'Goldene Rose von Montreux' erhält.

Fortan gilt Lill Lindfors als Star. Sie wird regelmäßig für TV-Auftritte gebucht und die ersten Plattenaufnahmen lassen auch nicht lange auf sich warten.

In erster Linie konzentriert sie sich aber auf die Theater- und Musicalszene. Zu ihren Glanzrollen zählt die 'Anita' in der "West Side Story". Sowohl vom Publikum als auch von der Kritik wird sie dafür mit höchstem Lob bedacht.

Ihr Allround-Talent macht sie zu einer der interessantesten Erscheinungen im schwedischen Unterhaltungsgeschäft. So ist es nur eine Frage der Zeit, bis man sich auch hierzulande für die attraktive Künstlerin interessiert. Ende 1965 gibt sie bei uns ihr Plattendebüt mit einer Coverversion von "Here It Comes Again", einem Hit der " Fortunes", der in den britischen Charts bis auf Platz 4 kam.

In Fachkreisen macht sich Lill Lindfors mit dieser Aufnahme gleich einen guten Namen, auch wenn die von der Firma angepeilten Verkaufszahlen noch nicht erreicht werden.

1966 kann die Sängerin ihre Popularität auch auf internationaler Ebene - nachhaltig steigern. Zunächst singt sie zusammen mit Svante Thuresson für Schweden beim 'Grand Prix Eurovision', der in Luxemburg stattfindet.

Mit ihrer gelungenen Interpretation eines Jazzwalzers landen die beiden auf Platz 2 und schaffen damit die bis dahin beste Platzierung für einen schwedischen Beitrag bei diesem Festival.

Lill Lindfors 2

Im Sommer nimmt Lill Lindfors an den Deutschen Schlagerfestspielen in Baden-Baden teil, wo sie als erste von 12 Interpreten auf die Bühne muss. Im aufregend-knappen Hosenanzug setzt sie sich bei ihrem temperamentvollen Auftritt gekonnt in Szene, dennoch landet ihr Wettbewerbstitel "Es könnte Liebe sein" nur auf Rang 5. Ein Ergebnis, das sich aber durchaus noch sehen lassen kann.

Beim 1. Internationalen Song-Festival in Rio de Janeiro vertritt sie anschließend wieder Schweden und glänzt auch hier mit einer überzeugenden Darbietung.

Mittlerweile gehört sie zu den wohl meistbeschäftigten Stars im Deutschen Fernsehen. "Wenn der weiße Flieder wieder blüht", "Playboy - Playgirl - Playtime" oder die "Gilbert-Becaud-Show" seien hier stellvertretend genannt für die vielen Unterhaltungssendungen, in denen sie mitwirkt.

1968 ist sie auch auf der Kinoleinwand zu sehen. In dem Edgar Wallace-Krimi "Im Banne des Unheimlichen" hat sie einen Auftritt als Nachtclubsängerin, die von einem maskierten Bösewicht in ihrer Garderobe ermordet wird.

Mit einer deutschen Fassung des US-Hits "Harper Valley P.T.A." veröffentlicht sie im selben Jahr bei uns ihre vierte Single. Spektakuläre Verkaufszahlen erzielt sie auch damit nicht und so werden hierzulande keine weiteren Platten mit ihr produziert. Doch Schlagerruhm und Showrummel waren der selbstbewussten Künstlerin nie besonders wichtig. "Ich liebe das Theater mehr, als z.B. Pop-Musik zu singen " hat sie einmal gesagt und so ist sie denn auch in Skandinavien in erster Linie ein gefragter Bühnenstar.

Lill Lindfors 3

Auch ohne Plattenveröffentlichungen ist sie in den 70er Jahren weiterhin ein gerngesehener Gast auf den deutschen Bildschirmen. Die Unterhaltungsregisseure schätzen ihre Professionalität und ihre besondere Ausstrahlung und engagieren sie deshalb häufig und gern. Man stellt sie sogar in den Mittelpunkt einer eigenen Show, die unter dem Titel "Sagen Sie doch Lill zu mir" ausgestrahlt wird.

Der "Grand Prix" verhilft ihr 1985 noch einmal zu internationalem Renommee, auch wenn sie diesmal nicht zu den teilnehmenden Interpreten gehört. Das Schwedische Fernsehen betraut sie mit der Moderation des großen europäischen Schlagerwettstreits, der diesmal in Göteborg ausgetragen wird.

Lill Lindfors meistert diese Aufgabe bravourös und erhält von allen Seiten Lob und Anerkennung für ihre Leistung.

In den letzten Jahren hat sie sich mehr und mehr aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Wie man von ehemaligen Sangeskolleginnen hört, bleibt sie auch Prominenten-Partys und ähnlichen Veranstaltungen fern.

Die Wiederholungen alter Fernsehshows bieten somit die einzige Möglichkeit, ihr dann und wann wenigstens auf der Mattscheibe zu begegnen.

Und wer Platten von ihr besitzt, der sollte diese unbedingt mal wieder auflegen. Die Stimme von Lill Lindfors hat nämlich eine Qualität, die auch heute noch überzeugt.