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(Oktober 2002)
Jimmy Makulis
Der erste Latino Lover im deutschen Schaugeschäft
"Gitarren klingen leise durch die Nacht" ist das Markenzeichen von Jimmy Makulis. 1959 erreichte die Nummer Platz 2 der deutschen Charts. Makulis hat daneben weitere sechs Nummern in die deutschen Top Ten gebracht. Der Künstler war in den 50er Jahren der erste "Latino Lover" des deutschen Schaugeschäftes. Den größten Latino Lover, Julio Iglesias, und Jimmy Makulis verbindet eine Gemeinsamkeit: Beide waren in ihrer Jugend als Torwart aktiv, Iglesias bei Real Madrid, Makulis bei Panathinaikos Athen.
Acht Singles hat Jimmy Makulis in den Jahren 56 und 57 bei Heliodor veröffentlicht. Bei allen ist ein Bezug zu Spanien oder Südamerika vorhanden. Die Masche wurde nach seinem Wechsel zu Polydor weitergestrickt und durch italienische Bezüge erweitert.
Die systematische Ausrichtung von Makulis auf den "Latino Lover" in den ersten vier Jahren der Karriere in Deutschland hat plattenmäßig zum Erfolg geführt. Hits wie "Auf Cuba sind die Mädchen braun", "Buona Sera", "Am Strand von Mindanao" erreichten die Top Ten der Charts. Die Produzenten wussten, welche Titel das Publikum wünschte: Nummern mit südamerikanisch-exotischem Touch. Makulis war der ideale Interpret für die Massenware südamerikanisch-italienische Schlager. Er verkörperte Text und Musik. Er war braun gebrannt, hatte dunkle Haare, blitzende Augen und sang mit erotischem Timbre in der Stimme.
Das Stück war zwar wichtiger als die Rolle. Und doch wurde der Darsteller auf eine Rolle festgelegt, weil er immer wieder die gleiche Rolle innehatte, jene des Latino Lovers. Makulis teilt dieses Schicksal mit manchen Darstellern in TV-Serien, die durch die ständige TV-Präsenz ein Leben lang auf eine Rolle oder einen Typen festgelegt sind (1)."
Jimmy Makulis konnte sich in Deutschland nie mehr ganz von seiner Rolle als Latino Lover befreien. Auch der Megaseller "Gitarren klingen leise durch die Nacht" brach das Image nicht auf. Denn der Hit ereilte Künstler und Produzententeam zu einem Zeitpunkt, als die Italien-Masche nach allen Regeln der Kunst abgelutscht war. Und das war Makulis' Pech. Er galt 59/60 als ein Sänger der Aufbaugeneration, die den braven Träumen vom Urlaub im Süden nachhing. Schon seit einigen Monaten erschütterten aber junge Interpreten wie Peter Kraus, Ted Herold oder Conny die Charts, die die wilden Träume der Jugend besangen. Makulis hatte 59/60 zwar einen Hit, aber ein überholtes Image. Dank der neu gewonnenen Popularität konnte er bis Ende 61 mit "Nachts in Rom", "Sweetheart Guitar" und "Weites Land" (im Duett mit Nina Zacha) noch drei weitere Nummern in den Top Ten hieven. Dennoch: Das Image des Latino Lovers hat schließlich den Durchbruch des Entertainers Jimmy Makulis in Deutschland verhindert.
Jimmy Makulis gehört zum vierblättrigen Kleeblatt der erfolgreichen Griechen im deutschen Schaugeschäft. Neben ihm zählen dazu Leo Leandros, Demis Roussos und natürlich Costa Cordalis. Makulis hat vermutlich am wenigsten Spuren hinterlassen (2). Ihnen nachzugehen lohnt sich. Jimmy Makulis wurde am 12. April 1929 in Athen als Demetrios Macoulis geboren. Er selbst besteht zwar darauf, dass er im Jahre 1935 zur Welt gekommen sei. Aufgrund der Erlebnisse, die er im Interview mit Radio Munot geschildert hat, ist davon auszugehen, dass Makulis nicht bereits als 19jähriger nach München gekommen ist. Außerdem gibt es Quellen, die besagen, dass Makulis in der Kriegszeit Gymnasium und College in Südafrika besucht hat, was als Neun- bis Zehnjähriger kaum möglich wäre.
Die Eltern arbeiteten in der englischen Botschaft, wo auch Macoulis junior eine Stelle im Büro antrat. 1949 gewann der junge Mann im Freilichttheater "Alkazar" einen Nachwuchswettbewerb. Damit war der Weg ins Schaugeschäft vorgezeichnet. Anfangs der 50er Jahre sang er amerikanische Standards auf griechisch nach. Makulis tourte in Ägypten, im Libanon und hatte bald den Namen "Sinatra des Orients" weg. Gemäß einer Quelle soll Makulis bereits in Griechenland etliche Platten eingesungen haben.
Verbürgt ist wieder, dass Jimmy Makulis im Jahre 1955 nach München seinen eigenen Aussagen ist er mit 20 Dollar in der Tasche in München gestrandet, wo er dann in der Castell-Bar gesungen hat und schließlich vom Impressario Karl Buchmann entdeckt wurde. Laut anderen Quellen ist Makulis im Rahmen einer Tour nach Deutschland gekommen, wo er sich kurzentschlossen niederließ. Im gleichen Jahr feierte er ein umjubeltes Gastspiel in Wien.
1956 nahm ihn Polydor unter Vertrag. Sein Produzent in dieser Zeit war Gerhard Mendelson. Die erste Aufnahme hieß gemäß Makulis "Alexandria". Bereits die dritte Single, "Auf Cuba sind die Mädchen braun", erreichte in Deutschland Platz 5 und in Österreich gar Platz 3.
Schon 1956 sang Jimmy Makulis ein erstes Duett mit Olive Moorefield ein. Weitere Partnerinnen waren Lolita (Ditta Zusa), Nina (Nina Zacha) und Ernie Bieler. Die Duette bescherten ihm mit "Am Strand von Mindanao" (mit Lolita) und "Weites Land (mit Nina) zwei Top Ten-Hits. Bereits die Nummer "Sieben Berge, sieben Täler", die deutsche Fassung von "Cinco Robles", die er zusammen mit Ditta Zusa (Lolita) aufgenommen hatte, verkaufte sich überdurchschnittlich gut. Im Original interpretieren Les Paul und Mary Ford diesen Titel. Jimmy Makulis und Lolita veröffentlichten bis Ende 1958 noch zwei weitere Singles. Beide erreichten die Charts. "Am Strand von Mindanao" kletterte hoch bis auf Platz 9, "Te quiero" kam bis auf Platz 21. Die Zusammenarbeit mit Lolita ging zu Ende, weil Makulis 1959 zu Ariola wechselte. Eine Zusammenarbeit von Künstlern der etablierten Polydor mit Künstlern des Emporkömmlings Ariola war undenkbar. Deshalb holte Makulis 1961 Nina Zacha als Partnerin ins Studio. Mit ihr feierte er mit "Weites Land" unter dem Namen "Nina und Jimmy" den zweiten Duett-Top-Ten-Erfolg. Nina Zacha ist ebenfalls Griechin. Sie war bereits 1958 auf Einladung von Jimmy Makulis in Deutschland aufgetreten. Zacha hat später Karriere gemacht als Autorin von traditioneller griechischer Folklore.
Gute Umsätze einen Platz 5 in den Charts und verzeichnete Jimmy Makulis mit der deutschen Fassung von "Buona Sera". Den Erfolg musste er sich teilen mit Ralf Bendix und Billy Mo. In den Charts des Automatenmarktes werden bis Ende 58 auch noch "Buenas Noches mi Amor" und "So eine Liebe" (Al chiar di Luna) geführt, allerdings in hinteren Positionen.
Im Jahre 1959 überzeugte ihn Produzent Helmut Jantsch zu einem Wechsel zur neu gegründeten Ariola. Jantsch nahm mit Makulis die Nummer "Gitarren klingen leise durch die Nacht" auf. Es wird ein Knaller. Das Lied schießt hoch bis auf Platz zwei und bleibt insgesamt 28 Wochen klassiert. Coverversionen bringen unter anderem Harry Graf (Tempo 742) sowie Brigitte und Freddy Carell (Electrola 21 316) auf den Markt. Makulis selbst singt den Titel noch auf holländisch und griechisch ein. "Nachts in Rom" kann den Erfolg zwar nicht toppen, aber immerhin auf hohem Niveau halten. Der Titel erreichte 1960 Platz neun. Makulis nimmt ihn als "Seven Nights in Rome" auf englisch auf. 41 Jahre später findet er damit Aufnahme in den historischen Sampler "So und anders.... (Als Schlagerstars fremd gingen)". Dort werden deutsche Originalaufnahmen und deren englische Versionen einander gegenüber gestellt.
Der Erfolg auf dem Plattenmarkt bringt dem attraktiven Künstler auch zahlreiche Filmangebote ein. Insgesamt wirkt er in einem Dutzend Streifen (3) mit, darunter "Autofahrer unterwegs (1961, ein Heinz Erhardt-Streifen), "Mein Schatz ist aus Tirol" (mit Lolita) oder "Mädchen für die Mambo Bar" (1959). Es gibt auch einen Film, der nach Makulis' Hit "Gitarren klingen leise durch die Nacht" benannt ist. Nur: Makulis ist darin weder zu sehen noch zu hören.
1961 geht die Zeit der großen Erfolge für Jimmy Makulis zu Ende. Mit "Sweetheart Guitar" erklimmt er zum letzten Mal die Top Ten. Der letzte Platz beim "Grand Prix Eurovision" läutet den Abstieg ein. Makulis vertrat 1961 Österreich in diesem Wettbewerb. Er landete mit "Sehnsucht" (4) abgeschlagen auf dem letzten Platz. Auch bei den deutschen Schlagerfestspielen 1962 erlitt er mit der Nummer "Keiner weiss wohin" Schiffbruch.
1963 unterschrieb Jimmy Makulis einen Plattenvertrag bei der Deutschen Vogue. Zwar erscheint sein Name 1964 (Little MoonlightLove) ein letztes Mal in den Charts. Die grossen Erfolge bleiben aber aus.
1966 versucht Jimmy Makulis sein Glück in den USA. Er bekommt ein Engagement im "Playboy Club" in New York. Dort trifft er Duke Ellington. Mit dessen Orchester will Makulis längere Zeit getourt haben. Schriftliche Belege dafür liegen keine vor (5). 1967 finden wir Makulis in Las Vegas, wo er als "Find of the Year" gefeiert wird. 1969 kehrt er für Schallplattenaufnahmen nach Deutschland zurück. Bei Philips entsteht die vielleicht beste Makulis-Nummer überhaupt. Er singt die deutsche Version des Last-Hits "Happy Heart" als Nie war diese Welt so schön" ein. Doch der Abstand war zu groß, die Diskjockeys (6) kannten seinen Namen nicht mehr, die Kontakte fehlten und damit die Auftritte. Makulis konzentrierte sich auf das amerikanische Geschäft. Hier fand er ein Engagement in der Show "Les Girls", mit der er in Los Angeles und in San Francisco auftrat. Doch der große Durchbruch in den USA blieb aus(7). Zu Beginn der 80er Jahre kehrte Makulis nach Griechenland zurück. Von hier aus reist er regelmäßig zu Auftritten in der ganzen Welt.
Verschiedentlich hat er auf dem deutschen Plattenmarkt ein Comeback versucht. 1976 und 1985 sind bei kleinen Labels Platten mit ihm erschienen. 1991 nahm er das Album "Einmal noch Athen sehn" (8) auf. All diese Versuche scheiterten kläglich.
Jimmy Makulis hat einen Sohn, der in München lebt und als Synchronsprecher tätig ist. Nico Macoulis hatte auch eine Rolle in der TV-Serie "Salto Mortale" inne.
Der Titel "Gitarren klingen leise durch die Nacht" zählt zu den deutschen Evergreens. Nach diesem Erfolg sollte Makulis mit sanften, melodischen Titeln offenbar auf eine ähnliche Schiene gebrachte werden wie Ivo Robic, der mit seinen Bert Kämpfert-Liedern sogar in den USA erfolgreich war. Für Makulis ließ man deshalb 1961 den französischen Top-Orchesterleiter Frank Pourcel einfliegen, um die Grand Prix-Nummer "Sehnsucht" zu arrangieren und dirigieren. Es half nichts. Der Crooner, der Entertainer Makulis konnte das deutsche Publikum nicht gewinnen. In dessen Augen blieb Makulis der Latino Lover, der flotte Schlager mit Südamerika-Touch interpretierte.
Interessant die Beobachtung, dass in den Jahren 1960 und 61, als Melina Mercouri und Nana Mouskouri die griechische Welle in den Schlager brachten, die Produzenten von Jimmy Makulis darauf verzichteten, ihn als Griechen zu vermarkten (9). Den griechischen Touch verpasste man ihm erst bei seinen Comebacks in den 70er und 90er Jahren.
Nur 1964 hechelten die Produzenten augenfällig dem den Zeitgeist hinterher: Als Freddy Quinn 1963 mit seinem "Junge komm bald wieder" die Hitlisten überrollt hatte, ließen sie Makulis "Mutter (Hab keine Angst um deinen Jungen)" singen. Das Publikum hatte allerdings die Mutterliebe bereits an Freddy verschenkt, weshalb Jimmy Makulis leer ausging...
Jimmy Makulis hat Schlagergeschichte geschrieben. Sein Hit "Gitarren klingen leise durch die Nacht" gilt heute als Standard. Im Laufe der Zeit hat sich die Nummer emanzipiert. Das breite Publikum erinnert sich an Melodie und Worte. Der Interpret geht mehr und mehr vergessen (10). Dies hat damit zu tun, dass Makulis weder ein Trendsetter noch ein Superstar war. Und es hat damit zu tun, dass er einen Stil vertrat, der schon damals bei einem bereits älteren Publikum ankam. Das Schaffen solcher Künstler verblasst schnell, wenn sie nicht Superstar-Status erreichten wie etwa Vico Torriani. Dennoch hat Jimmy Makulis auch Rockstandards auf Deutsch nachgesungen. Darunter befindet sich neben "Buona Sera" der "Jingle Bell Rock" von Bobby Helms. Außerdem hat er die Four Aces Nummer "Bahama Mama" und Fred Buscagliones Hit "All chiar di luna...." auf Deutsch nachgezogen. Bei dem breiten Schaffen ist die Erinnerung an das frühe Werk von Makulis praktisch ganz vergessen gegangen.
Es war die Rolle des ersten Latino Lovers im deutschen Schlagergeschäft.
Es ist das Schicksal des Jimmy Makulis, dass er in die Erinnerung des Publikums der Interpret des Hits "Gitarren klingen leise durch die Nacht" eingegangen ist (11). Seine Rolle als erster Latino Lover der deutschen Schlagergeschichte ist darüber vergessen gegangen. Gerade diese Rolle aber hat ihm für den ganz großen Durchbruch im Wege gestanden.
Anmerkungen:
Der Text basiert auf einem Interview mit Radio Munot in Schaffhausen. Außerdem sind als Quellen alte Polydor-PR-Texte verwendet worden. Ich habe den Text Jimmy Makulis gegenlesen lassen. Seine Bemerkungen finden sich in den Fußnoten.
1. Ich habe natürlich viele südländische Schlager gesungen, aber nicht nur. Da waren Kollegen, die echte Italiener waren und viele italienische Schlager gesungen haben, wie etwa Vittorio oder Rocco Granata.
2. Das Gegenteil ist der Fall. Ich bin immer noch sehr gefragt bei Funk und Fernsehen und persönlichen Auftritten.
3. Das alte Försterhaus; Alexander der Große; Einmal eine große Dame sein; Mein Schatz ist aus Tirol; Autofahrer unterwegs; Mädchen für die Mambo-Bar; Schlagerparade 1960; Ramona; Café Oriental; Das Spukhaus im Salzkammergut u.a.
4. Das Lied war leider nicht für mich geschrieben. Singles der 50er, 60er und 70er Jahre Polydor
5. Mit Duke Ellington waren wir große Freunde und waren zusammen mit Ella (Fitzgerald) und anderen Größen der US-Jazzszene zwei Jahre auf Amerikatour Ende der Diskographie 60er Jahre. Natürlich habe ich Jazz gesungen.
6. Natürlich kannten mich die Diskjockeys dieser Zeit, weil ich mit Philips für "Nie war diese Welt so schön" eine große Promotion-Tournee machte. Außerdem gastierte ich mit großem Erfolg in allen großen Funk- und Fernsehshows. Es gab auch viele Presse-Interviews wegen meiner Erfolge in den USA.
7. Mein Durchbruch in den USA war ganz groß und dau- ert bis heute an.
8. 1991 nahm ich bei Bogner Records eine CD mit dem Titel "Einmal noch Athen sehen" auf. Aber leider hat Herr Bogner seinen Vertrag nicht eingehalten, so habe ich nicht mit der Firma weitergearbeitet.
9. Damals brauchte ich keine griechischen Nummern zu singen, weil gerade in den 60er Jahren hatte ich einen Hit nach dem anderen und Film und Tourneen.
10. Ich bin gar nicht vergessen. Das Gegenteil ist der Fall. Ich bin einer der wenigen Schlagerstars der 50er und 60er Jahre, der immer in Erinnerung bleibt. Sie wissen nicht, wieviel Autogrammpost ich immer noch bekomme.
11. Wie Sie wissen, bin ich nicht nur der Sänger von "Gitarren klingen leise durch die Nacht". Da waren noch mehrere Schlager von mir, wie "Kleine Cha-Cha Senorita", "Auf Cuba sind die Mädchen braun", "Sieben Berge, sieben Täler", "Buona Sera Signorina", "Nachts in Rom", "Weites Land", "Sweetheart Guitar u.a.