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(Dezember 1998)
Die Peanuts
Exotische Show-Zwillinge aus Japan
Im Sommer 1964 schaut die ganze Welt nach Japan, denn Tokio ist Austragungsort der Olympischen Spiele. Monate später - die sportlichen Wettkämpfe sind fast schon vergessen - können sich die Schlagerfans hierzulande an musikalischen "Souvenirs aus Tokio" erfreuen. Überreicht werden ihnen diese von den Peanuts, die mit ihrer ersten deutschsprachigen Single noch einmal Erinnerungen an das Land der aufgehenden Sonne wecken.
Die Zwillingsschwestern Hideyo & Tsukiko Ito zählen in Japan zu den beliebtesten und erfolgreichsten Show-Stars. Fast 40 Millionen Schallplatten haben sie dort innerhalb weniger Jahre verkauft. Eine eigene Fernsehshow flimmert Woche für Woche über den Bildschirm. Sie wirkten in Filmen und Musicals mit und absolvierten jede Menge Live-Auftritte, nicht nur in Japan, sondern auch in den USA und Europa. Dabei sind sie gerade erst 19 Jahre alt.
Geboren wurden sie am 1. April 1946 in Nagoya. Ihr Vater, ein Lebensmittelgroßhändler, schickt sie auf die höhere Schule. Dort wird man auf das musikalische Talent der Zwillinge aufmerksam und bereits mit 14 Jahren geben sie in einem kleinen Show-Theater ihr Debüt als Klavierspielerinnen. Japans Top- Managerin Misa Watanabe sieht die beiden und nimmt sie unter Vertrag. Sie sorgt dafür, dass sie eine gründliche Ausbildung erhalten. Gesangsunterricht und Tanztraining bestimmen von nun an den Tagesablauf der beiden Mädchen, die sich mit unglaublichem Fleiß und einer Riesenportion Energie das nötige Rüstzeug für den Weg ins Scheinwerferlicht erarbeiten. Ihre Mühe wird belohnt, denn sie machen eine rasante Karriere und erkämpfen sich bald einen Spitzenplatz unter den japanischen Popstars.
Als Caterina Valente 1963 eine Japan-Tournee unternimmt, lernt sie dort die Peanuts kennen und ist von ihnen so begeistert, dass sie die beiden später für einen Auftritt in ihrer Fernsehshow "Bonsoir Catrin" nach Deutschland holt. Natürlich singen die beiden Japanerinnen bei ihrem deutschen TV-Debüt in ihrer Landessprache. Erst als Michael Pfleghar mit den beiden in Japan anlässlich der Olympiade "Die große Show von Tokio dreht, kommt Heinz Kiessling, der für die musikalische Leitung dieser Sendung zuständig ist, auf die Idee, mit den bezaubernden Zwillingen Aufnahmen in deutscher Sprache zu produzieren.
Für ihren Plattenstart bei uns lässt man sie ein Lied mit fernöstlichem Flair singen, das den bereits erwähnten Titel "Souvenirs aus Tokio" trägt. Auf dem dazugehörigen Singlecover präsentieren sich die Peanuts werbewirksam im Kimono, was der Sache einen weiteren Hauch von Exotik verleiht.
Die beiden mandeläugigen Sängerinnen, die nur 1,52 m groß sind, sehen zum Anbeißen aus. Man kann sie kaum auseinanderhalten. Nur ein Muttermal, das eine der beiden unterhalb der Schläfe in Augenhöhe hat, unterscheidet sie voneinander. Damit man sie auch einzeln ansprechen kann, hat man ihnen für den internationalen Markt die Vornamen Emi & Yumi gegeben. Auf der Bühne bewegen sie sich meistens völlig synchron und ihre hellen Stimmen im Gleichklang sind von ganz besonderem Reiz, der seine Wirkung auch auf das deutsche Schlagerpublikum nicht verfehlt. Michael Pfleghar ist von ihnen so angetan, dass er sie nochmals vor die Kamera holt und natürlich stellen sie in seiner Show "Das Lächeln im Westen", die Anfang 1965 ausgestrahlt wird, auch ihren aktuellen Single-Titel vor, der bald darauf in der offiziellen Verkaufshitparade notiert wird.
Bei den "Deutschen Schlagerfestspielen" im Juni 1965 bestreiten die Peanuts neben Johannes Heesters und Freddy Quinn das Rahmenprogramm. Dabei können sie den Fernsehzuschauern zeigen, was sie drauf haben: Sie singen und tanzen und präsentieren Songs in Englisch und Japanisch.
Natürlich nutzen Sie diese Gelegenheit, um ihre neue Single "Happy Yokohama" zu präsentieren, die ebenfalls gute Platzierungen in den Hitlisten erreicht. Die Presse schreibt anschließend: "Wie zu allen Festspielen bot das Rahmenprogramm Außerordentliches. Den Großerfolg aber trugen die Peanuts davon, das zierliche Zwillingspaar aus Japan. Wir möchten die Voraussage wagen, dass sie sich damit einen bleibenden Platz im deutschen Schlager- und Showgeschäft erobert haben".
Noch im selben Jahr nehmen Sie bei uns ihre erste LP auf, die neben ihren Hits auch einige Titel in japanischer Sprache enthält. Auf dieser LP befindet sich auch der Song "Ein weißes Pony", der später als Single ausgekoppelt wird. Dazu gibt es eine kleine Geschichte: Da die beiden Japanerinnen Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache haben, bittet Heinz Kiessling den Schlagerdichter Hans Bradtke, einen Text zu schreiben, in dem der Buchstabe "R" möglichst wenig auftaucht.
Für Bradtke kein Problem: Er schafft es, einen Schlagerreim zu verfassen, in dem nicht ein einziges "R" vorkommt.
Mit ihren weiteren Aufnahmen erzielen die Peanuts nicht mehr so hohe Plattenumsätze wie zuvor. Das veranlasst Heinz Kiessling, der bis dahin fast alle ihre Lieder geschrieben hat, den Komponisten Hans Blum zu beauftragen, einen maßgeschneiderten Hit für die beiden Sängerinnen zu basteln. Mit "Bye Bye Yokohama" klappt das auf Anhieb, denn damit schaffen die Peanuts im September 1967 wieder den Sprung in die Charts.
Mit "Zuckersüß wie Ananas" wird anschließend die letzte deutschsprachige Produktion der beiden veröffentlicht, denn die Plattenfirma erneuert den Vertrag nicht. So kommt es, dass sie bei uns von der Bildfläche verschwinden, während sie in ihrer fernöstlichen Heimat weiterhin große Erfolge feiern.